Durch die Zusammenarbeit mit Rockwell Automation sowie einem kanadischen Technologieunternehmen, konnte das älteste Unternehmen Großbritanniens, The Royal Mint, eine Goldrückgewinnungsanlage konzipieren und bauen, in der jährlich mehr als 3.750 Tonnen Elektronikschrott zu Leiterplatten recycelt werden. Dies hilft dem Unternehmen, seine Netto-Null-Ziele zu erreichen, Arbeitsplätze zu schaffen sowie eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu fördern.
The Royal Mint, gegründet 886 n. Chr., baut eine fortschrittliche Metallrückgewinnungsanlage, um jährlich mehr als 3.750 Tonnen Leiterplatten aus Elektronikschrott zu verarbeiten. Dabei werden Gold, Silber, Palladium, Kupfer und andere Materialien zurückgewonnen, von denen ein Teil von der Münzanstalt in einem nachhaltigen Kreislaufsystem verwendet wird.
In Zusammenarbeit mit Rockwell Automation soll die neue Anlage ein chemisches Extraktionsverfahren nutzen, um aus Elektroschrott, wie z. B. Leiterplatten in ausrangierten Handys und Laptops, Gold für die Schmuckkollektion 886 von Royal Mint zu gewinnen. Damit ist The Royal Mint weltweit die erste Münzstätte, die mit dieser Technik Metalle gewinnt. Jedes Teil der Leiterplatte wird erfasst, und selbst das Glasfasernebenprodukt wird „entbromt“, d.h. von gefährlichem Bromid befreit. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der Kreislaufwirtschaft und der damit verbundenen Netto-Null-Pläne von The Royal Mint.
Die neue Anlage, die im Sommer 2023 fertiggestellt werden soll, wird einen neuen, innovativen Ansatz zur Bewältigung der riesigen Mengen an Elektroschrott eröffnen, die jedes Jahr im Haushalt anfallen.
Elektroschrott, auch bekannt als WEEE (waste electronic and electrical equipment), stellt ein ernstzunehmendes, globales Umweltproblem, dar. Im Jahr 2019 wurden weltweit 53,5 Mio. Tonnen Elektroschrott produziert. Das entspricht einer Menge von etwa 7,3 kg pro Person sowie einem geschätzten Wert an Rohstoffen von 57 Mrd. USD entspricht (The Global E-waste Monitor 20201). Im Gegensatz dazu, sind die Verwertungsquoten für diese Materialien jedoch niedrig. Im Jahr 2021 fielen in Großbritannien etwa 490.000 Tonnen Elektroschrott an, von denen nur 32.700 Tonnen an eine zugelassene Aufbereitungsanlage übermittelt wurden2. Die neue Anlage der Münzanstalt wird voraussichtlich 500 kg oder mehr reines Gold pro Jahr produzieren und bis zu 50 neue Arbeitsplätze in der Produktion, der Logistik und dem Verkauf schaffen. Derzeit beschäftigt The Royal Mint auf ihrem 38 Hektar großen Gelände in Llantrisant, Glamorgan, etwa 900 Mitarbeitende.
Die Verantwortlichen für Betrieb und Technik bei The Royal Mint schlugen im Jahr 2022 eine Recyclinganlage vor, woraufhin verschiedene Verfahren untersucht wurden. Dabei wurde festgestellt, dass das kanadische Unternehmen Excir eine chemische Methode entwickelt hatte, um geschmolzenes Gold aus vermischten Materialien zu extrahieren, die durch Abscheidung zurückgewonnen wurden.
„Gemeinsam mit Excir haben wir den chemischen Prozess verfeinert. Anschließend hat Royal Mint ein firmeninternes Scale-up-Projekt entwickelt“, sagt Leighton John, Operations Director bei The Royal Mint. „Dann haben wir unseren langjährigen Kooperationspartner Rockwell Automation und OEMs beauftragt, die Anlage für uns in Betrieb zu nehmen.“
Die Anlage nutzt das PlantPAx® DCS (Distributed Control System, Prozessleitsystem) von Rockwell Automation, um jeden Teil des mehrstufigen Prozesses effizient zu steuern. PlantPAx schafft eine gemeinsame Automatisierungsplattform, welche die verschiedenen Ausrüstungen in der komplexen Anlage miteinander verbindet und sie an einem Ort steuert. Dabei wird eine Schnittstelle verwendet, die den Ingenieuren der Royal Mint, die seit mehr als 20 Jahren mit Rockwell Automation arbeiten, vertraut ist.
Der Prozess
Die Leiterplatten werden über eine Förderanlage in einen Reaktor geleitet und der entstehende Schlamm wird dann getrennt, sortiert und gefiltert, um die zurückgewonnenen Metalle zu erhalten. Mit diesem Verfahren werden mehr als 99 Prozent des hochwertigen Goldes aus dem Abfall zurückgewonnen. „Ein Großteil der Metallrückgewinnung aus Elektroschrott erfolgt durch sehr energieintensive Schmelzprozesse. Unsere Technologie hingegen funktioniert bei Raumtemperatur“, so John. „Außerdem geht es sehr schnell und ist zielgerichteter, als wenn man ganze Leiterplatten in eine Schmelzplattform wirft“.
Zusammen mit The Royal Mint baut Rockwell Automation die Anlage und integriert Sensoren und SPS, um die Steuerung und Überwachung durch das PlantPAx DCS zu ermöglichen. Die Prozesstechnologie wird von Rockwell Automation auf Skid-Basis entwickelt und geliefert, d. h. modular und außerhalb des Standorts. „Das beschleunigt die Bereitstellung, weil wir die Skids herstellen und außerhalb des Standorts testen können“, sagt Phil Hadfield, Geschäftsführer von Rockwell Automation UK. „Außerdem werden einige OEM-Pakete wie Scrubber und große Behälter an den Standort geliefert, wo Rockwell Automation für die vollständige Integration während der Inbetriebnahme und Übergabe verantwortlich ist.“
PlantPAx wird den Goldgewinnungsprozess nahtlos in die übrigen Anlagen und die diskreten (lokalen) Steuerungen wie die Scrubber und Förderanlagen integrieren. „Die Systemarchitektur ermöglicht es verschiedenen Anbietern, unterschiedliche Teile der Anlage herzustellen und sie dann ganz einfach miteinander zu verbinden, um eine anlagenweite Infrastruktur zu steuern, wenn sie in Betrieb ist“, sagt Hadfield. „Das eliminiert die unterschiedlichen Steuerungssysteme, die man bei Projekten wie diesem oft hat, und bietet Optimierungsmöglichkeiten wie gemeinsame Anmeldemöglichkeiten, Veränderungsmanagement, Alarmverwaltung, Datenprotokollierung und mehr, die in der gesamten Anlage sichtbar sind und dazu beitragen, die Gesamtbetriebskosten zu senken.“
Die Tatsache, dass das PlantPAx-System „Standard“-Hardware und -Programmierprotokolle von Rockwell Automation verwendet, vereinfacht auch die Ersatzteilbestellung und die Instandhaltung, um die Anlage auch in Zukunft zu betreiben.
Ein nachhaltiges Unternehmen, das in Net Zero investiert
Neben wichtigen Faktoren wie der Kreislaufwirtschaft und der Erhaltung von Arbeitsplätzen, ist die Metallrückgewinnungsanlage ein integraler Bestandteil des Netto-Null-Fahrplans von The Royal Mint.
„Unsere wissenschaftlich fundierten Ziele wurden offiziell bei der Science Based Target-Initiative, die am 5. Juni 2023 beginnt, zur Validierung eingereicht. Darüber hinaus haben wir mit der Umsetzung unserer „Net Zero“-Roadmap begonnen, um ab dem Jahr 2021/22 unsere Dekarbonisierungsziele für die Emissionsquellen Scope 1 und 2 (d. h. diejenigen, die wir direkt kontrollieren) und Scope 3 (stark beeinflusst durch unsere Lieferkettenaktivitäten)3 zu erreichen", sagt John.
Was Scope 1 und 2 betrifft, so verfügt die Prägeanstalt vor Ort zum Beispiel über eine Windturbine, die den Strom aus dem Netz kompensiert. Sie ist gerade dabei, in den kommenden Wochen eine lokale Energiezentrale in Betrieb zu nehmen. Wenn sie fertiggestellt ist, wird sie eine zweite Windturbine und 4.000 Solarpaneele sowie einen Gasgenerator zur lokalen Stromerzeugung umfassen. „Ein lokaler Generator bedeutet auch, dass es keine Verluste zwischen dem Kraftwerk und dem Standort gibt, was für einen energieintensiven Betrieb wie unseren sehr wichtig ist“, sagt John. Die Möglichkeit, Gold und andere Edelmetalle vor Ort zu gewinnen, wird zudem dazu beitragen, die Scope-3-Emissionen der Münzanstalt zu reduzieren – ein Bereich, der für Unternehmen oft schwieriger zu dekarbonisieren ist.
„Neben den Netto-Null-Zielen und den umfassenderen Umwelt-, Sozial- und Governance-Zielen (ESG) ist The Royal Mint ein Unternehmen mit einer ordentlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Die Münzanstalt ist zwar im Besitz der Regierung, erhält aber keine Subventionen. Wir exportieren Münzen und „Rohlinge“ in etwa 60 Länder pro Jahr. Um das Geschäftsmodell zukunftssicher zu machen, diversifizieren wir und wachsen in neuen Märkten. Neben Gedenkmünzen und unserer Edelmetallabteilung haben wir vor kurzem eine Lifestyle-Marke, 886, eingeführt sowie die neue Elektroschrottanlage eröffnet. Wenn sich die Anlage bewährt hat, könnte sie als neues Geschäftsfeld ausgebaut werden. Wenn wir Erfolg haben, stehen uns alle Optionen offen, ob wir hier oder anderswo in Großbritannien expandieren oder den Prozess ins Ausland verlagern“, sagt John. „Wir wollen, dass diese Anlage einen echten Unterschied zu den Bergen von Elektroschrott und den wertvollen Metallen macht, die verschwendet werden“.
Die neue Rückgewinnungsanlage wird voraussichtlich im Sommer voll betriebsbereit sein.
1 Global E-waste Monitor: https://www.itu.int/hub/publication/d-gen-e_waste-01-2020/
2 Environment Agency: https://www.gov.uk/government/statistical-data-sets/waste-electrical-and-electronic-equipment-weee-in-the-uk
3 Scope 1, 2 and 3 emissions, guide: https://www.nationalgrid.com/stories/energy-explained/what-are-scope-1-2-3-carbon-emissions
Veröffentlicht 10. Februar 2023